Eine Zeitreise – fast 30 Jahre in die Vergangenheit. Ich habe meinen C-64 abgestaubt und dazu noch ein altes MIDI-Interface und Sequencer-Software der wirklich ersten Generation. Eine verblüffende Oldtimer-Fahrt.
In modernen Tonstudios ist der Computer mittlerweile die nicht mehr wegzudenkende Schaltzentrale der Musikproduktion. Bekannte Industriestandards sind heute Programme wie Protools, Logic oder Cubase.
Cubase hat seinerzeit auf dem Atari einen echten Meilenstein gesetzt. Aber schon vor der Atari-Ära in den Tonstudios hat die Hamburger Firma Steinberg einen der Grundsteine für das moderne Midi-Recording gelegt – auf dem Commodore 64.
Es gab zu der Zeit auch weitere Firmen, die dieses Neuland betraten – darunter C-Lab und Jellinghaus.
Von C-Lab stammt zum Beispiel das MIDI-Interface, das ich hier einsetze. Damit hatte ich einen MIDI-Eingang mit 16 Kanälen und vier MIDI-Ausgänge, auf denen jedoch das identische Steuersignal anlag – ebenfalls gemäß der MIDI-Spezifikation mit 16 Kanälen.
C-Lab schrieb auch Geschichte: Dieses Unternehmen – ebenfalls auf Hamburg – entwickelte die weit verbreiteten Sequenzer-Programme Creator und Notator, woraus später Logic wurde. Die Firma Emagic spaltete sich von C-Lab ab und führte die Software-Entwicklung fort, bis Emagic schließlich von Apple aufgekauft wurde. Seither ist Logic ein Apple-Produkt und einer der großen Standards in der digitalen Musikproduktion.
C-Lab gibt es heute auch noch mit verschiedenen professionellen Massenspeicherlösungen.
Zurück zum C-64: Jetzt kommt Steinbergs Sequenzer-Programm Pro16 2.0 aus dem Jahre 1985 zum Einsatz.
Verbunden mit einem MIDI-Synthesizer lassen sich auch heute noch innerhalb kürzester Zeit erstaunliche Dinge bewerkstelligen. Reduziert auf die Basics – der C-64 hat 64 Kilobyte (!!) Arbeitsspeicher und lediglich ein externes Diskettenlaufwerk – kann ich Spur für Spur meine Instrumente aufnehmen. Insgesamt 16 Spuren stellt mir das Programm zur Verfügung.
Die wichtigsten Eckdaten sind genau einstellbar: Das Tempo, der Rhythmus, wie lang die einzelnen Patterns sein sollen. Es gibt sogar schon eine Quantisierung. Diese bewirkt, dass der Computer Ungenauigkeiten in meinem Spiel automatisch korrigiert.
Die einzelnen aufgenommenen Patterns können dann in einer Pattern-Liste zu einem Song arrangiert werden.
Es ist wirklich erstaunlich, wie leicht das Arbeiten nach einer gewissen Eingewöhnung von der Hand geht und wie schnell man zu motivierenden Ergebnissen kommt. Nicht zu vergessen: Software und Computer sind fast 30 Jahre alt. Auch Stabilität und Timing sind wirklich bemerkenswert.
Niemand ahnte zu dieser Zeit, wie groß der Quantensprung sein sollte, der mit dieser Entwicklung angestoßen wurde. MIDI-Recording revolutionierte die Musikproduktion und machte die Arbeit mit elektronischen Klangerzeugern plötzlich unheimlich effizient und preisgünstig.
Die grundlegende Arbeitsweise hat sich später auch auf den gesamten Audiobereich ausgeweitet – und letztlich auf alle Medien inklusive Video.
In Kürze kommt auch noch ein Video, auf dem ich die Arbeit mit dieser „antiken“ Technologie dokumentiere.
Hi
Netter Artikel. Ohne ein MIDI-Interface startet Pro-16 nicht, oder?
Weißt du zufälligerweise wo man heute noch sowas herkriegt? Ich habe mittlerweile schon oft gesucht, bin aber nie fündig geworden.
mfG – Der Dude
Naja, ohne MIDI-Interface kann man nicht viel damit anstellen. Ich glaube schon, dass das Programm startet.
Ich habe diese Sachen noch aus meinen MIDI-Anfangszeiten (und freue mich, dass alles sogar noch funktioniert). Aber selbst bei Ebay ist das kaum zu bekommen. Vielleicht ein Fall für Flohmarkt-Glück – zum Beispiel beim Musikerflohmarkt von Musik-Produktiv? Aber vielleicht gibt’s im Bekanntenkreis ja den einen oder anderen (älteren) Musiker, der sowas noch auf dem Dachboden haben könnte?
Ich werd mich einfach mal weiter umhören. Wird ja nicht unmöglich sein (: