
Firmensitz und Fabrik von Moog Music in Asheville, NC (Foto: Jörg Riewenherm)
Ein kleines Unternehmen mit Weltruf trotzt „modernen“ Business-Prinzipien. Der traditionsreiche Synthesizer-Hersteller Moog Music in Asheville, North Carolina, zeigt, wie es auch anders geht.
Meine Reise durch den mittleren Westen der USA führte mich – nicht ganz zufällig – auch nach Asheville. Dort hatte ich zuvor einen Termin für eine Factory-Tour vereinbart. Große Vorfreude!
Das diese Firma etwas Besonderes ist, war mir vorher schon klar. Intensiv hatte ich mich, für einen Moog-Besitzer fast selbstverständlich, mit Technik und Mythos dieser Musikmaschinen und deren Mastermind Bob Moog beschäftigt.
Der Besuch war sehr eindrucksvoll und überraschend. Tatsächlich ist dieser kleine Backstein-Komplex mit seinen nicht einmal 60 Mitarbeitern die alleinige Produktionsstätte dieser legendären Musikinstrumente. Und in der Tat findet die Fertigung vollständig hier statt. Zulieferer von Platinen, Holz und Metall kommen aus der unmittelbaren Umgebung. Einzig die Tastaturen stammen aus Italien (Fatar).

Handarbeit: Fertigung des neuen Moog Sub 37 (Foto: Jörg Riewenherm)
Während der Führung arbeiteten ca. 15 Personen in der Fertigung und montierten und kalibrierten fleißig die neuesten Modelle: Den Moog Sub 37 und das Theremini. Es gibt keine Produktionsstraßen mit Robotern und Automation, sondern alles geht durch Menschenhände. Jede Schraube wird von Moog-Mitarbeitern angezogen.
Aufwändig wird jedes Gerät von Hand kalibriert und landet schließlich im Burning-Rack. Das ist eine Reihe von Holzregalen, in dem die Synthesizer 48 Stunden eingeschaltet verbringen müssen, um sicher zu stellen, dass schadhafte Bauteile ihren vorzeitigen Tod nicht beim Kunden sterben.

Testlauf im Burning-Rack (Foto: Jörg Riewenherm)
Die Service-Abteilung besteht aus ganzen zwei Mitarbeitern. (Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Zwei Menschen für den gesamten amerikanischen Markt.) Dort hatte man gerade einen Celebrity-Synthesizer in Arbeit: Ein älterer Minimoog Voyager von Justin Timberlake ließ gerade letzte Tests über sich ergehen.

Ein Minimoog von Justin Timberlake (Foto: Jörg Riewenherm)
Erstaunlich war die Offenheit der Moog-Mitarbeiter. Nicht nur, dass auch so aus dem Nähkästchen geplaudert wurde, sondern auch die Tatsache, dass überall gefilmt und fotografiert werden durfte. Hier herrscht offenkundig weniger Angst vor der bösen Konkurrenz und vor dem Bekanntwerden heikelster Geheimnisse. Vielmehr gibt es ein durch gegenseitigen Respekt geprägtes Verhältnis zu den Mitbewerbern, so z.B. zu Dave Smith, einem Urgestein auf ähnlichem Niveau wie Bob Moog.
Und betrachtet man das Kundenprofil: Der typische Moog-Käufer will genau einen Moog. Und vielleicht AUCH einen Dave Smith-Synthesizer. Eine glückliche Situation für diese Nische ohne großen Verdrängungs-Wettbewerb.
Überhaupt scheint Moog im Unterschied zu den meisten anderen (und größeren) Unternehmen weniger oder gar nicht auf Wachstum, sondern auf Kontinuität und Qualität ausgerichtet zu sein. Und man verdient Geld in Asheville – das Konzept scheint aufzugehen.

Mitbringsel aus Asheville: Moogs Werkstatt-01 (Foto: Jörg Riewenherm)
Ich habe übrigens die Gelegenheit genutzt und mir im Company-Store den Experimental-Synthesizer Moog Werkstatt-01 zugelegt, den es in Deutschland (noch?) nicht zu kaufen gibt. Gibt es ein besseres Souvenir?
Wahnsinn, das erklärt einiges. Danke dafür!